Theorie und Praxis der Maschinenkünste im 20. und 21. Jahrhundert: Prozesse, Medien, Kreativität

Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW Basel
Basel, 04./05. Juni 2021
Eingabeschluss: 15.01.2021
Maschinenkünste besitzen eine lange und wechselvolle Geschichte. Ihr Begriff versammelt heutzutage disparateste Kunstformen, die in einer Art Minimaldefinition als diejenigen bestimmt werden können, die in einer wie auch immer gearteten Beziehung zu einer Maschine stehen. Dies schließt im Speziellen metaphorische, dargestellte sowie gebaute Maschinen ein.
In jüngerer Zeit gewannen Maschinenkünste im Zuge der Erneuerung technischer Entwicklungen wie Künstliche Intelligenz, Robotik oder Ubiquitous Computing, flankiert durch einschlägige Ausstellungen und Publikationen, wieder größere Bedeutung. In Maschinenkünsten aktualisiert sich, fasst man einen Hauptinterpretationsansatz in der Forschungsliteratur zusammen, das Mensch-Maschine-Verhältnis in seinen sozio-politischen, ökonomischen und kulturgeschichtlichen Ausprägungen.
Für die ausgeschriebene Konferenz von Interesse ist, dass Maschinenkünste auch die Bedingungen von Kunst befragen – etwa den künstlerischen Schaffensprozess, involvierte (Bild)Medien oder das Künstler/innensubjekt. Die Konferenz will diesbezüglich Maschinenkünste des 20. und 21. Jahrhunderts in einer medientheoretischen und praxeologischen Perspektive in den Blick nehmen.
In der Annahme, dass mit arbeitsteiligen Schaffens-, Experimental- und Produktions-Settings Prozess- und Medienreflexionen realisiert werden, sollen solcherlei Kunstprojekte vorgestellt und diskutiert werden, die ›betriebsfähige‹ Maschinen operativ werden lassen, um (dreidimensionale) Bilder, Schriften oder Objekte zu erzeugen und sich mit künstlerischen Medien wie der Zeichnung, Malerei oder Skulptur auseinanderzusetzen. So werden beispielsweise Hand- und Maschinenzeichnung mit elektro-mechanischen Zeichenmaschinen (Jean Tinguely), der frühen Computerkunst (Frieder Nake) oder KI-informierter zeitgenössischer Roboterkunst (Patrick Tresset) verhandelt. Auf Zeichenmaschinen und graphischen Medien soll ein Schwerpunkt liegen. Von besonderem Interesse sind Projekte mit selbst- oder umgebauten Maschinen und experimentellen Verfahren, weil in ihnen, im Unterschied zum Gebrauch von verfügbaren Maschinen wie etwa in der konventionellen Fotografie, besondere Effekte bzw. Phänomene zu erwarten sind. Die Projekte können als eingerichtete Medien-Maschine-Subjekte-Netzwerke sowie als künstlerische Forschung aufgefasst und unter Berücksichtigung von Praktiken und des Eigensinns bzw. der Eigenaktivität der Dinge behandelt werden.
Vor diesem Hintergrund gilt es weiterhin Maschinenkünste an den Kreativitätsdiskurs anzuschließen. Es steht insbesondere die Frage nach der Maschinisierung von Kreativität im Raum. Dass die Arbeit mit Maschinen Implikationen für Schlüsselkonzepte des Kreativitätsdiskurses wie Kontrolle, Autorschaft oder Rationalität besitzt, ist bekannt. Verfolgt werden soll deshalb mit der Analyse von Maschinenkunstprojekten und ihren Selbst-, Prozess- und Medienreflexionen im Speziellen eine indirekte Untersuchung von Kreativität.
Gesucht werden Beiträge zu theoretischen Auseinandersetzungen und historischen Fallstudien von Nachwuchswissenschaftler/innen (Docs/Postdocs) aus den Bereichen Kunst-, Film-, Literatur- und Medienwissenschaft sowie Philosophie. Die Beiträge können sich an diesen exemplarischen, die Thematik aber nicht erschöpfenden Fragen orientieren:

  • Welche künstlerischen Positionen bzw. Maschinenkünste gibt es im 20. und 21. Jahrhundert (abseits der bekannten wie die oben genannten)?
  • Wie reagieren Künstler/innen auf Maschinen bzw. das Maschinische?
  • Welche Maschinen und Maschinenbegriffe verwenden Maschinenkünste? (z. B. mechanische, elektrische, informatorische oder Kombinationen davon.) Und welche Maschinenbegriffe von außerhalb der Kunst lassen sich produktiv machen?
  • Wie arbeiten Künstler/innen mit Maschinen? Wie genau sehen die Settings bzw. Arbeitsprozesse aus? Wie lassen sich die Schaffensprozesse (in einer Art „Feldstudie“) rekonstruieren?
  • In welchem Verhältnis stehen Maschinenkünste und Medienkünste?
  • Wie lassen sich die Begriffe „Maschine“ und „Medium“ abgrenzen? Denn: Maschinen können Medien und Medien Maschinen sein.
  • Wie befragen Künstler/innen mit Maschinen die Kunst? Was erkunden sie? (Denkbar wäre beispielsweise die Frage nach der Formgebung)? Wie erkunden sie insbesondere ihre Schaffensprozesse, ihre Medien und das Selbst? (Zu denken wäre etwa an Variationen, Störungen, ein Medienwerden, etc.)
  • Wie fragen Maschinenkünste: Was ist ein (technisches) (digitales) Bild? Wie reflektieren sie das Schreiben, das Zeichnen?
  • Wie lassen sich Bild-, Schrift- und Diagrammtheorien für Maschinenkünste fruchtbar machen?
  • Wie verhalten sich Maschinenkünste zu Kreativität?

Interessierte werden um die Zusendung eines Abstracts zu einem Themenvorschlag für einen 30-minütigen Vortrag im Umfang von max. 2.000 Zeichen sowie einen kurzen wissenschaftlichen CV in einem Dokument (PDF) bis zum 15.01.2021 an Dr. Michael Rottmann (michael.rottmann@fhnw.ch) gebeten.
Die Konferenzsprache ist Deutsch, die Teilnahme ist kostenlos.
Die Ergebnisse werden zeitnah in einer Publikation dokumentiert werden.
Reise- und Übernachtungskosten werden für die Vortragenden erstattet.
Es ist geplant, die Konferenz vor Ort abzuhalten. Sollten es die Richtlinien bezüglich der Corona-Pandemie erforderlich machen, so wird sie gegebenenfalls im online-Modus realisiert.
Die Konferenz findet im Rahmen des SNF-Forschungsprojektes “Automatisierte Innovationen. Maschinenkünste des 20. und 21. Jahrhunderts im Spannungsdreieck von Subjekt, Medium und Prozess und ihre Beiträge zu Kreativitätsdiskursen” statt.

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